Die Mischung machts!

Bundesland

  • Brandenburg

An der Montessori Gesamtschule Potsdam wird bis zur Jahrgangsstufe 8 in gemischten Lerngruppen unterrichtet. Da kann es schon mal passieren, dass sich eine Erstklässlerin wie eine Große aus der 3. Klasse fühlt

Projektdaten

Klassenstufen: 1-8
Anzahl der Schüler/innen: 370
Anzahl der Lehrer/innen: alle
Fachbereiche: alle (außer Physik und Chemie)
Wochenstunden: 27-alle
Das Projekt

Jahrgangsgemischte Lerngruppen bringen neue Lernformen wie Freiarbeit, Projekte, Epochen, Präsentationen und Lektionen wie von selbst hervor. Durch die eigenverantwortliche Einteilung ihrer Arbeiten während der Freiarbeit werden die Kinder und Jugendlichen in die Lage versetzt, sich ihre(n) individuelle(n) Lernpartner und ihre Lernziele auszusuchen. So entstehen Lernteams, die über Altersgrenzen hinweg Themen erarbeiten. Ältere Schüler/innen helfen jüngeren und vertiefen im Lehren ihr eigenes Wissen. Die Lernkultur der Jahrgangsmischung fördert die soziale Kompetenz. Die Kinder und Jugendlichen erleben weniger Konflikte und erfahren viel gegenseitige Hilfe, Unterstützung, Anregung und Zusammenarbeit. Abhängig von der Lern- und Unterrichtsform erleben sie Wissenszuwachs und Lernfortschritt in sehr differenzierter Weise. Das Lernklima in allen jahrgangsgemischten Gruppen und Klassen ist entspannt, neue Gruppenzusammensetzungen werden gern angenommen. Dabei entstehen sehr viele und jahrgangsübergreifende Kontakte und Freundschaften. Die Schülerinnen und Schüler erhalten statt Noten verbale Beurteilungen. Jede Schülerin und jeder Schüler hat ein Pensenbuch, in dem die Lernergebnisse in fächerübergreifenden Lernbereichen und Fächern sorgfältig dokumentiert werden.

Der Auslöser

Monokulturen sind unfruchtbar und anfällig. Wir sind der Überzeugung, dass Gemeinschaften aus Verschiedenen besonders fruchtbare Zellen sind. Dieser humanistische Grundgedanke spricht gegen den Glauben, dass nur in homogenen Lerngruppen die besten Ergebnisse erzielt werden und dass diese für alle Kinder und Jugendlichen auf dem Weg zu guter Leistung unverzichtbar sind. Die Montessori Gesamtschule Potsdam ist eine Ganztagsschule, die nach erfolgreichem Abschluss eines Schulversuchs den Status „Schule mit besonderer Prägung“ durch das Bildungsministerium des Landes Brandenburg erhalten hat. Die besondere Prägung besteht in ihrem erfolgreichen Reformansatz und der Weiterentwicklung der Montessori-Pädagogik. Hierzu gehören vor allem Freiarbeit, Projekt- und Epochenarbeit, Präsentationen, Lektionen, Gesprächskreise, Exkursionen und Praktika.

Der Weg

Schon als die erste Montessori-Klasse an der damaligen Karl-Liebknecht-Gesamtschule eröffnet wurde, gab es Überlegungen zur Jahrgangsmischung. Im ersten Jahr (1993) gab es eine homogene 1. Klasse. Mit Einschulung der Kinder im zweiten Jahr wurden die Klassen gemischt, und es entstanden die ersten Lerngruppen aus den Jahrgangsstufen 1 und 2. Im dritten Jahr konnte dann die angestrebte Jahrgangsmischung aus 1., 2. und 3. Jahrgangsstufe realisiert werden. Im vierten Jahr wurde der erste 4. Jahrgang wieder als homogene Klasse geführt, bis diese dann in den folgenden Jahren erst um die 5. und dann um die 6. Jahrgangsstufe erweitert werden konnte. Ähnlich hat sich die Jahrgangsmischung in der Stufe 7 und 8 entwickelt. Im ersten Jahr gab es noch homogene Jahrgangsstufen, bis im zweiten Jahr auch hier eine Mischung erfolgen konnte. Insgesamt gibt es sechs Lerngruppen für die Jahrgänge 1, 2 und 3, sechs Lerngruppen für die Jahrgänge 4, 5 und 6 und vier Lerngruppen für die Jahrgänge 7 und 8. Die jährlich neu zusammengesetzten Lerngruppen werden sorgfältig durch die Lehrer/innen gebildet. Jede Schülerin und jeder Schüler kann zwei Partnerwünsche für die neuen Lerngruppen äußern, über die das Kollegium entscheidet. Sie erfahren die Zusammensetzung ihrer neuen Lerngruppe mit dem Zeugnis am letzten Schultag vor den Sommerferien. Durch die jahrgangsgemischten Lerngruppen sind typische Alterserscheinungen und Erziehungsprobleme entscheidend geringer ausgeprägt. Übertriebene Vergleichsorientierung, Konkurrenz und Missgunst sind in diesen Lerngruppen nicht dominant. Die Förderung der methodischen Kompetenz (besonders auch der Lehrer/innen) und der sozialen Beziehungen ist ein wesentlicher und dauerhafter Fortbildungsschwerpunkt für die gesamte Schule. Ein regelmäßiger Austausch in der Klasse z.B. in Form eines Gesprächskreises ist notwendig, um das Gruppengefühl zu erhalten und zu stärken. Wenn die Kinder und Jugendlichen übergreifend zusammenarbeiten, müssen auch die Lehrer/innen ihre Arbeit in Teams entwickeln. Änderungen von dieser Tragweite bedurften der entsprechenden Genehmigungen durch das zuständige Bildungsministerium, die in einem sechsjährigen Schulversuch erprobt und wissenschaftlich begleitet wurden. Grundsätzlich ist Jahrgangsmischung in eingeschränkter Form natürlich auch mit den Schulgesetzen vereinbar, ob im Rahmen von Projektwochen oder in einzelnen Fächern.

Probleme und Lösungen

Eine Schwierigkeit ist die Vereinbarkeit von Vorgaben durch unterschiedliche Lehrpläne und individuelle Förderung auf verschiedenen Leistungsniveaus. Dabei hat sich herausgestellt, dass die individuellen Lernwege der Montessori-Pädagogik äußerst hilfreich sind. So ist in der Freiarbeit während der Arbeit an Materialien die individuelle Tätigkeit sehr gut mit den Lehrplänen vereinbar. Wir haben für die meisten Lernziele entsprechende Materialien, mit denen die Kinder und Jugendlichen nach einer Präsentation selbstständig und gemäß ihrem Lerntempo arbeiten. Häufige Wechsel innerhalb der Lerngruppe sind für Kinder und Jugendliche schwierig, die eine stabile persönliche Betreuung brauchen.

Blitzlicht

Alle Hände schnellten hoch, als gefragt wurde, wer von den Kindern denn schon in der 3. Klasse sei. Damit hatten die Hospitanten nicht gerechnet. Zum Abschluss ihres Besuchs in einer Lerngruppe der Jahrgangsstufen 1–3 wollten sie wissen, wie die Verteilung nach Jahrgangsstufen sei. So ganz einfach konnten die Besucher nämlich keine Unterteilung machen. Aber die spontanen Antworten der Kinder brachten sie auch nicht weiter. Erst auf Nachfrage überlegten sich die Kinder der 1. und 2. Jahrgänge noch einmal, in welchem Jahrgang sie offiziell geführt werden. So haben die Hospitanten das Resümee gezogen, dass sich Kinder in jahrgangsgemischten Lerngruppen sehr kompetent fühlen.

Schule
Schulname
Montessori Gesamtschule Potsdam
Schulart
Gesamtschule
Schulangebote
gebunden
Schulanschrift

Montessori Gesamtschule Potsdam Schlüterstr. 2–4 14471 Potsdam

E-Mail
info@potsdam-montessori.de
Anzahl der Schüler/innen
460
Anzahl der Lehrer/innen
39
Sonstiges pädogogisches Personal
15 Honorarkräfte, 3 Referendarinnen
Ansatz der Schule

Montessori-Pädagogik; Integration in Grundschule und Sekundarstufe (1.–10. Jahrgang); Altersmischung; verbale Beurteilungen bis zum 8. Jahrgang

Zeitstruktur

flexible Rhythmisierung des Schultags; Freiarbeit, Projekte, Angebots-, Übungs- und Vertiefungsphasen

Netzwerke der Schule

„Blick über den Zaun“, Verbund deutscher Reformschulen; denkmal-aktiv; Netzwerk innovative Schulen der Bertelsmann Stiftung

Programme der Schule

Sokrates; GAP German American Partnership; Voltaire

Modellversuche der Schule

landesweit: MoSeS (Modellversuch zur Stärkung der Selbstständigkeit von Schulen); Schulversuch zu verbaler Beurteilung und Jahrgangsmischung

Wettbewerbe der Schule

Innovative Schulen des Landes Brandenburg

Sozialraum der Schule

randstädtisch, ländlich und Berlin

Zusammensetzung

Jahrgänge 1–10; alle drei möglichen Bildungsgänge in der Sekundarstufe; Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt und mit besonderen Begabungen

Besonderheiten

großzügiges, ökologisch gestaltetes Außengelände; aktive Mitarbeit vieler Eltern; ständige Zusammenarbeit zwischen Lehrer/innen und Expert/innen; Hospitations- und Fortbildungszentrum

Referenzen

Das Projekt hat den 3. Platz beim 1. Ganztagsschulwettbewerb „Zeigt her eure Schule“ belegt.<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:office:office" />

Autoren

  • Ulrike Kegler
  • Hans-Gerrit Plessen

Themen