Mit Mut zur neuen Schulkultur – Die Reinhardswald-Grundschule Berlin

5 Kinder spielen zusammen
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Daten und Fakten
Ganztagsschulform: teilgebunden Schülerinnen und Schüler: ca. 800 Lehrerinnen und Lehrer: ca. 50 Weiteres päd. Personal: ca. 20

Von der ökologischen Umgestaltung des Schulhofs bis hin zur Formulierung gemeinsamer Schulregeln – im Laufe der Jahre wurden an der Reinhardswald-Grundschule einige Projekte mit Schülerbeteiligung erfolgreich umgesetzt. Doch die Schule wollte noch einen Schritt weitergehen und wagte sich daran, auch das Kerngeschäft von Schule, die Wissensvermittlung, mit Schülerbeteiligung zu verändern. Wie kann es gelingen, Schülerinnen und Schüler auch bei ihren Lerninhalten aktiv mitbestimmen zu lassen? Sie sollten selbst wählen dürfen, was sie lernen wollen, wie sie es lernen wollen und in welchem Zeitrahmen sie dies tun möchten. Eine Gruppe Lehrkräfte besuchte zusammen mit dem Schulleiter Grundschulwerkstätten, probierte dort selbst aus und war von der Idee begeistert. Genau das war es, was ihrer Schule noch fehlte, ein Ort, an dem sich die Schülerinnen und Schüler lernend entfalten könnten. Die Schulkonferenz stimmte dem Vorhaben zu und der ehemalige Werkraum der Schule wurde zur Lernwerkstatt umfunktioniert, vorhandenes Material und Gerät konnte weitergenutzt, anderes musste neu angeschafft oder selbst hergestellt werden.

Selbstbestimmt Lernen in der Lernwerkstatt

Warum fliegen Menschen nicht? Was lebt im Wassertropfen aus unserem Teich? Oder: Wie baue ich einen möglichst schiefen Turm? In der Lernwerkstatt stellen die Schülerinnen und Schüler selbst die Fragen, entscheiden über die Lösungswege – Irrwege und Umwege sind ausdrücklich erlaubt! – und übernehmen eigenverantwortlich das Zeitmanagement. Der Raum selbst gibt die Impulse und regt als „Lernlandschaft“ fächerübergreifend zum Ausprobieren, Experimentieren und Staunen an. Was die Schülerinnen und Schüler an Material benötigen, finden sie vor Ort. Alltagsgegenständen und Dingen aus der Natur wird hier klar der Vorzug gegenüber vorgefertigten Lehrmitteln gegeben. In großen Schränken lagern Werkzeug wie elektrische Sägen, an Werkbänken kann gearbeitet und in zwei Brennöfen Ton und in einem Ofen Emaille gebrannt werden. Außerdem finden die Schülerinnen und Schüler dort Fotoapparate, Experimentiermaterial sowie eine Leseecke vor. Fachliteratur und Nachschlagewerke stehen ihnen ebenso zur Verfügung, wie diverses Bastelmaterial und thematisch geordnete Übungsmaterialien. Angegliedert an die Lernwerkstatt ist ein Materialraum. Dort ist auch die Druckwerkstatt untergebracht.

Fester Bestandteil des Unterrichtsalltags

Die Lernwerkstatt stellt kein additives Angebot zum Unterricht dar, sondern ist fest im Unterrichtskonzept der Grundschule verankert. Sie bündelt die schulischen Entwicklungen offenen Unterrichts und ermöglicht der teilgebundenen Ganztagsschule eine Verknüpfung von Schule und Freizeit. Wichtig ist, dass die Lernwerkstatt immer mit mindestens einer pädagogischen Fachkraft besetzt ist, die mit dem Konzept, der Arbeitsweise und dem vorhandenen Material und seinen Anwendungsmöglichkeiten vertraut ist. Die Pädagogen werden zu Lernbegleitern und stehen den Kindern bei Bedarf beratend zur Seite, ansonsten halten sie sich im Hintergrund. Dabei haben sie die Chance selbst zu Lernenden zu werden und die Denkweisen und Lösungsansätze der Kinder besser zu verstehen. Die Lernprozesse werden von den Kindern konstruktiv gestaltet und selbstbestimmt. Dabei erfahren sie Selbstwirksamkeit: Das schafft Selbstvertrauen und gegenseitigen Respekt.

Eine partizipative Schulkultur etablieren

Eine wesentliche Grundlage besteht darin, Lehrkräften und Erziehenden in internen Fortbildungen zu vermitteln, auf welchem pädagogischen Konzept der Raum basiert und welche Themen dort möglich sind. Nur so kann die gewünschte Qualität auch gewährleistet werden. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu terminlichen Problemen, weil die Lernwerkstatt nicht durchgehend mit einem/einer geschulten Pädagogen oder Pädagogin besetzt werden konnte. Als Ziel wurde daher vereinbart, die Lernwerkstatt mindestens sechs Schulstunden täglich zu besetzen. Zudem ist die Selbstwahrnehmung der Lehrkräfte und Erziehenden in ihrer veränderten Rolle als Lernbegleiter einer der wichtigsten Gelingensfaktoren.
Eine partizipative Schulkultur zu etablieren und damit die Schule als „Wohlfühlort“ gemeinsam zu tragen ist das Anliegen der Reinhardswald-Grundschule. Ein gutes Miteinander aller Beteiligten wird als Grundlage jedes weiteren Schaffens definiert. Die Liste der Beteiligten ist lang: Lehrende, Erzieherinnen und Erzieher, die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern. Auch die außerschulischen Partner zählen dazu. Wichtig ist, dass alle an einem Strang ziehen. Schulleiter Werner Munk bringt es auf den Punkt: „Der Schlüssel für unsere Schulentwicklung war Kooperation. Allein hätte man nichts umsetzen können. Man braucht (…) den Mut einfach loszulegen und etwas zu machen. Es ist die Kooperation, oft in einzelnen Projekten, die treibt.“  
 

Adresse
Gneisenaustr. 73-74, 10961 Berlin
info@reinhardswald-gs.schule-berlin-fk.de

Material zum Download

Lernwerkstatt