Auf dem Weg zur guten und lernenden Ganztagsschule

Prof. Dr. Marlies Krainz-Dürr, Pädagogische Hochschule Kärnten
© Prof. Dr. Marlies Krainz-Dürr, Pädagogische Hochschule Kärnten

„Ich bin mir nicht sicher, ob Sie die Referentin aus dem richtigen Land eingeladen haben“, stellt Dr. Marlies Krainz-Dürr, Professorin an der Pädagogischen Hochschule Kärnten, zu Anfang ihres Impulsvortrags auf dem 5. Transferforum fest, das auch dieses Jahr von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Bildungs und Forschung ausgerichtet wurde. In Österreich blicke man nämlich voller Neid darauf, wie in Deutschland mit Ganztagsschulen umgegangen werde. Dort behandele man das Thema Ganztag derzeit eher lustlos.

Dass die Wahl die Richtige traf wird in ihrem Vortrag „Auf dem Weg zur guten und lernenden Ganztagsschule“ dennoch bald deutlich. Dr. Marlies Krainz-Dürr kennt Schule aus vielen Perspektiven, die Wissenschaftlerin war zunächst Lehrerin, ihr Spezialgebiet ist Schulentwicklungsforschung, sie ist ausgebildete Beraterin im Bildungswesen und hat Erfahrung in der wissenschaftlichen Begleitung von Schulentwicklungsprogrammen.

Soziales Miteinander als Erfolgskriterium

„Eine Ganztagsschule ist ein Raum für Persönlichkeitsentwicklung und soziales Miteinander – und wir unterschätzen noch, was das bedeutet“, sagt Dr. Maries Krainz-Dürr. In Österreich habe man sich jene Ganztagsschulen einmal genauer angeschaut, die als erfolgreich gelten. Das soziale Miteinander sei ein entscheidendes Erfolgskriterium gewesen. „Ressourcen stehen interessanterweise nicht an erster Stelle: Wenn das soziale Miteinander stimmt, kann man auch auf beengtem Raum sehr gut miteinander arbeiten.“
Bei den Erfolgsfaktoren eines lernenden Systems bezieht sich die Bildungswissenschaftlerin auf Peter Senge („The Fifth Discipline“) und benennt - neben pädagogischem Konzept, schulinterner Steuerung, Professionalität, Unterstützung und Kooperationsstrukturen – auch die Erprobungsorientierung. Gemeint ist damit jener Raum, etwas zu erproben zu können, ohne gleich dafür bewertet zu werden. „Das Wort habe ich so schön gefunden“, sagt sie, und an der Reaktion im Brandenburg-Saal ist zu spüren, dass es ihr nicht alleine so geht.

Kooperation verändert das Verhalten

Auch Kooperation zwischen verschiedenen Professionen sei nach wie vor ein wichtiges Thema, findet Dr. Marlies Krainz-Dürr, das erlebe sie auch an der Hochschule. „Wenn wir eine lernende Schule werden wollen, dann muss man schauen, wie man die Haltung verändert“, sagt sie. Das sei besonders schwierig, weil es sich meist um erprobte, einst erfolgreiche, Strategien handele. „Aber wenn ich merke, wie sehr es mich unterstützt, wenn wir wirklich zusammen arbeiten, dann ändere ich auch mein Verhalten.“ Das sei auch auf das gesamte System Schule zu übertragen.

Schüler als Produzenten ihrer eigenen Bildung wahrnehmen

Wir seien es gewohnt, dass wir einen Input geben und somit nach einer bestimmten Verarbeitungsphase einen Output erwarten könnten. „Da sind wir in der Kausalität verhaftet, auch wenn wir wissen: Selbst wenn wir noch so gut vorbereitet sind, dann sagt das noch nichts über den Unterricht aus“, erläutert die Wissenschaftlerin. Schule sei nur möglich und führe nur dann zu einem Ergebnis, wenn sich Schülerinnen und Schüler beteiligen. Es sei daher entscheidend, sie als „Prosumer“ wahrzunehmen, als Produzenten ihrer eigenen Bildung.

Autorin: Beate Köhne

Der Vortrag "Auf dem Weg zur guten und lernenden Ganztagsschule"
wurde von Prof. Dr. Marlies Krainz-Dürr von der Pädagogischen
Hochschule Kärnten auf dem 5. Transferforum am 16. Mai 2014
gehalten. Mit dem Transferforum bietet das Programm Ideen für mehr! Ganztägig lernen. einen Rahmen für den länderübergreifenden Austausch
von Expertinnen und Experten aus Schulpraxis und Partnerinstitutionen, Wissenschaft und Bildungsverwaltung. Das Transferfoum beschäftigte sich dieses Jahr mit dem Thema "Qualitätsentwicklung - wie geht's zur guten Ganztagsschule".

19.05.2014

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