Wenn Sprache diskriminiert
Auch die Auseinandersetzung mit Sprache ist ein wichtiger Teil von Reflexion. Denn Sprache besitzt nicht nur ein großes Machtpotenzial, sie schafft auch Wirklichkeiten. Lehrer:innen sollten sich dessen immer bewusst sein: Auch wenn man es nicht möchte, kann man Dinge sagen, die andere Personen verletzen. Das gilt auch für Lehrmaterialien. Oftmals enthalten diese noch immer diskriminierende Inhalte und Abbildungen oder falsche Darstellungen von historischen Kontexten. Wie die Expertin betont, sollten sich Lehrer:innen damit kritisch und wachsam auseinandersetzen und offen an die Schüler:innen kommunizieren, wenn sie kritische Inhalte erkennen. Dabei sei es laut Expertin auch von zentraler Bedeutung, den Schüler:innen deutlich zu machen, dass sie sich in einem geschützten Raum befinden. Lernenden, die sich durch Darstellungen in Lehrwerken verletzt fühlen, sind dem nicht ausgeliefert. Lehrer:innen sollten den Lehrbuchverlagen schreiben, wenn sie falsche oder diskriminierende Inhalte erkennen und diese nicht einfach hinnehmen, so die Expertin. Denn aus eigener Erfahrung weiß sie, dass solche Briefe von den Verlagen sehr ernst genommen werden. Hier gilt: Sich nicht als Einzelämpfer:in zu verstehen, sondern sich in der Schule in einer Gruppe zusammenzuschließen. „Man ist dem nicht ausgeliefert, man kann etwas mitverändern“, so Prof. Karakaşoğlu.
Wenn es um Sprache im Unterricht geht, seien auch Regeln des Umgangs miteinander wichtig, so die Expertin. Das gelte auch für die jeweilige Lehrperson. „Es geht ja immer darum, dass Schüler:innen Regeln des Sprechens mit- und übereinander etwa in der Klasse oder auf dem Schulhof beherzigen sollen – das ist aber eine Anforderung, die genauso für Lehrer:innen gilt“, erklärt die Expertin. Wichtig sei, dass die Vereinbarung nicht von oben aufgedrückt, sondern dass diese gemeinsam geschaffen wird und als solche auch verbindlich für alle ist – auch wenn das Gesagte nicht böse gemeint war. „Wir wissen, dass das, was nicht böse gemeint ist, aber sehr böse ankommen kann. Und dass die Verletzung, auch wenn sie nicht böse gemeint ist, sehr scharf und sehr schlimm sein kann und der:die Verursacher:in dafür aber auch verantwortlich ist“, so Prof. Karakaşoğlu. Lehrer:innen wie Schüler:innen müssen also auch Verantwortung für Nicht-Gemeintes übernehmen.