
Schule ist gekennzeichnet durch Verschiedenheit und Unterschiede. Nirgendwo sonst zeigt sich die Heterogenität einer Gesellschaft deutlicher als an dem Ort, wo bis zu einem gewissen Alter Anwesenheitspflicht herrscht. Nicht zuletzt deshalb ist hier auch der höchste Anteil an Kindern und Jugendlichen mit verschiedenen Migrationshintergründen zu finden. 2015 empfahlen die Kultusministerkonferenz und die Hochschulrektorenkonferenz die Anerkennung und Wertschätzung von Vielfalt, Heterogenität als Normalität und Stärke zu erkennen und sie als Chance für eine diversitätssensible Bildung zu nutzen. Ziel sei es, durch Inklusion die Teilhabe und den Bildungserfolg aller zu ermöglichen, so ist dort zu lesen.
Spätestens seit Beginn des Ausbaus von Ganztagsschulen liegt ein Großteil der Aufmerksamkeit gerade auf der Betonung der Verschiedenheit von Schülerinnen und Schüler. Entwicklungsfelder wie individuelle Förderung, Bezug und Anknüpfung zur Lebenswelt, Inklusion, Methodenvielfalt etc. sind Kerninhalte der Qualitätsentwicklung von Ganztagsschulen und der schulischen und außerschulischen Förderung von Kindern und Jugendlichen. Die Formel klingt so einfach: Wir sind alle anders und wollen gemeinsam von- und miteinander lernen.
Doch trotz großer Anstrengungen aller an Schule beteiligten Akteure hängen Bildungsteilhabe, Bildungschancen und Bildungserfolg noch immer maßgeblich von der Herkunft, insbesondere der sozialen Herkunft der SuS ab, Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund jedoch sind davon besonders betroffen. Die Heterogenität der Schülerschaft stellt vielleicht die größte, stetig wachsende Herausforderung an Bildung dar. Die Tragweite in der Auseinandersetzung mit Diversität wird um so deutlicher, wenn man sich vor Augen hält, dass eine Pädagogik der Vielfalt alle Bereiche des schulischen Systems umfasst: Schulentwicklung, Unterricht, schulische und außerschulische Strukturen, Kooperationen, die Öffnung der Schule bis hin in die Stadtteile, Partizipation etc.
Einen zentralen Bestandteil der Sensibilisierung für eine diversitätsorientierte Pädagogik stellt die Personalentwicklung dar. So weist die Empfehlung der KMK 2015 daraufhin, dass bereits in den Lehramtsbezogenen Studiengängen die angehenden Kandidatinnen und Kandidaten mehr noch auf einen konstruktiven und professionellen Umgang mit Diversität vorbereitet werden sollten. Hinzu kommt, dass Lehrerinnen und Lehrer – wie jede und jeder andere auch – lernen müssen, eigene Stereotypen aufzudecken und eine Sensibilität für die eigenen Vorbehalte zu entwickeln. So kann beispielsweise ein geringerer Bildungserfolg durch die Assoziationen, die Lehrer in Bezug auf die Lernfähigkeiten ihrer SuS mit Migrationshintergrund haben, verstärkt werden. Maßgeblich entscheidend für eine Kategorisierung ist dabei auch, welchen Migrationshintergrund die Kinder und Jugendlichen haben und welchen gesellschaftlichen Stellenwert die soziale Gruppe einnimmt.
Förderlich für den Abbau von Vorurteilen und Vorbehalten ist, wenn Pädagoginnen und Pädagogen gute Kenntnisse über die Biografien sowie die begleitenden historischen und soziokulturellen Hintergründe wie Migration ihrer SuS haben. Auch die aktuellen Lebensumstände, Traditionen oder Wertvorstellungen der SuS zu kennen, kann dazu beitragen, dass Vorurteile abgebaut und das Verständnis füreinander gefördert werden. Mit Unterstützung in Seminaren, im Austausch mit Stadtteilorganisationen, durch Elterncafes und gemeinsame interkulturelle Aktionen kann es gelingen, Verschiedenheit als Bereicherung zu erfahren. Zurück im schulischen Alltag gilt es, die eigene pädagogische Praxis wie auch die zu vermittelnden schulischen Inhalte auf ihre Werte und Normvorstellungen selbstkritisch zu hinterfragen, diese gegebenenfalls aufzubrechen und die Heterogenität im Klassenzimmer zum Ausgangspunkt für die Lehr- und Lernprozesse zu machen.
Da die Themenfelder Integration und Inklusion große inhaltliche Überschneidungen aufweisen, empfiehlt es sich, diese zusammen zu denken. Auf dem Portal finden sich unter den Suchschlagworten „Inklusion“, „Heterogenität“, „Vielfalt“ und „Diversität“ viele Beiträge, die Impulse und Unterstützung für den Umgang und die Weiterentwicklung einer Pädagogik der Vielfalt geben. Außerdem finden sich schulische Praxisbeispiele und Erfahrungsberichte, wie den des Schulleiters der IGS Schillerschule.
Für den Umgang mit Diversität in Schulen gibt es eine Vielzahl von Studien, Leitfäden, Veröffentlichungen und Empfehlungen. An dieser Stelle sollen stellvertretend für viele schlaue und interessante Beiträge einige wenige genannt sein:
MIKS
MIKS steht für Mehrsprachigkeit als Handlungsfeld Interkultureller Schulentwicklung. Es handelt sich um ein vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) gefördertes Forschungsprojekt, das an der Universität Hamburg unter der Leitung von Prof. Dr. Sara Fürstenau und Dr. Katrin Huxel durchgeführt wird. Weitere Informationen zum Projekt finden sich hier.
Vielfalt in Schulen. Impulse zur interkulturellen Öffnung von Schulen.
Publikation zum Kooperationsprojekt des Jüdischen Museums Berlin (JMB), der Stiftung Mercator sowie der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) 2012 mit vielen Einblicken in Projektaktivitäten von Schulen, Unterrichtseinheiten und Praxisbeispielen für Diversität im schulischen Alltag.
Klasse Vielfalt! Chancen und Herausforderungen der interkulturellen Öffnung von Schule.
Eine Publikation der Bertelsmann Stiftung 2015.
Vielfalt gestalten. Handreichung zur Diversity in Schule und Berufsvorbereitung.
Stiftung SPI, Sozialpädagogisches Institut Berlin.