Ein schulinternes Curriculum zum Sozialen Lernen

 

Durch ein schulinternes Curriculum und die strukturelle Verankerung des Themas Soziales Lernen können Widersprüche, die in der Praxis anzutreffen sind, aufgelöst werden:

  • Die Bedeutung des Sozialen Lernens für die „Lebens- und Arbeitsfähigkeit“ der Kinder und Jugendlichen wird im Allgemeinen hoch veranschlagt. Diese Anerkennung spiegelt sich in der schulischen Realität in dem Maße allerdings nicht wider. Maßnahmen zum Sozialen Lernen finden oft nur bruchstückhaft im Schulalltag Berücksichtigung bzw. Eingang in das Schulprogramm. Ein schulinternes Curriculum kann diese Diskrepanz überwinden.
  • Die allgemein verbindlichen Lehrpläne  fordern die Vermittlung sozialer Kompetenzen. Eine schulinterne Verständigung/ Verabredung, wie diese Lehrpläne in Bezug auf die Vermittlung sozialer Kompetenzen umgesetzt werden können, ist momentan noch eher die Ausnahme. Ein schulinternes Curriculum kann hier Übersetzungshilfe leisten und dazu beitragen, Maßnahmen / Projekte zu operationalisieren.
  • Lehrkräfte signalisieren umfangreichen Handlungsbedarf und mitunter eine Überlastung im schulischen Alltag. Darauf wird mit Maßnahmen reagiert, die aber oft als Einzelprojekte isoliert voneinander arbeiten. Ein Curriculum Soziales Lernen kann einen Gesamtzusammenhang für einzelne Maßnahmen schaffen, so dass nachhaltige Wirkungen erzielt werden können.

Entwicklung eines Sozialen Lehrplans

Die Entwicklung eines schulinternen Curriculums zum Sozialen Lernen bietet die Chance, alte Strukturen zu überdenken und sie, wo notwendig, aufzubrechen oder mit neuen Inhalten zu verknüpfen. Ein schulinternes Curriculum unterstützt die Entwicklung einer von Wertschätzung geprägten Beziehungskultur und fördert eine neue Lehr- und Lernkultur. Der Einstieg in die Entwicklung eines schulinternen Curriculums zum Sozialen Lernen erfolgt in geeigneter Weise über die Erfassung eines IST-Standes als Teil einer umfassenden Bestandsaufnahme. Für eine erste interne Recherche und Diskussion im Kollegium lohnt es sich, den „heimlichen“ Lehrplan der Schule zu untersuchen. Die Sammlung von Störungen im Schulleben und die Auflistung wahrgenommener Missstände können Ausgangspunkt für die Frage sein, welche Orientierungs- und Handlungsmodelle den SchülerInnen angeboten werden bzw. zur Verfügung stehen.

Mögliche Erhebung eines IST-Standes als Ausgangspunkt für die Identifizierung von zentralen Handlungsfeldern eines schulinternen Curriculums

Eine derartige Sammlung hilft, die bestehenden Stärken und Schwächen an einer Schule herauszuarbeiten und daraus ableitend notwendige Handlungsfelder zu identifizieren. Problemfelder, die erkannt werden, können zielgerichtet mit adäquaten, aufeinander aufbauenden Maßnahmen angegangen werden. Analog dazu können bestehende Stärken ausgebaut und gefestigt werden. Für die eingeleiteten Maßnahmen muss es Verabredungen zur Umsetzung und der Benennung von Verantworltlichkeiten kommen.

Handlungsfelder des Sozialen Lernens

  • Personalkompetenz
  • Konfliktlösekompetenz
  • Partizipation
  • Verantwortungsübernahme

Bei der Festlegung von Maßnahmen hat es sich als günstig erwiesen, analytisch zwischen Personalkompetenz, Konfliktlösekompetenz sowie Partizipation und Verantwortungsübernahme als Handlungsfelder zu unterscheiden, denen konkrete Vorhaben zugeordnet werden können. Auch wenn diese Handlungsfelder in der Praxis nicht trennscharf zu betrachten sind, so erleichtern sie doch die Schwerpunktsetzung und die Zuordnung einzelner Bausteine auf der Schul-, Klassen- oder Individualebene.

Das Handlungsfeld Personal- und Sozialkompetenz

... setzt auf der individuellen Ebene der SchülerInnen an. Das Wahrnehmen und Respektieren von Gefühlen und Bedürfnissen, eigenen Stärken und Schwächen, aber auch die Frage, wie mit Kritik und den Ansprüchen anderer umgegangen wird, sollen hier anhand geeigneter Projekte aufgegriffen und bearbeitet werden.

Im Handlungsfeld Konfliktlösekompetenz

... geht es darum, Konflikten nicht hilflos ausgeliefert zu sein. Strategien im Umgang mit Konflikten zu erlernen, ist ein Schwerpunkt pädagogischer Arbeit. Konflikten soll schon im Vorfeld einer Eskalation begegnet bzw. der angemessene Umgang mit bestehenden Konflikten und/oder notwendigen Auseinandersetzungen soll eingeübt werden. Um diese Fähigkeiten zu entwickeln, bedarf es vieler kleiner Schritte des Einübens und Anwendens auf der individuellen Ebene. Damit es in der Schule Zeit und Raum gibt, Konfliktfähigkeit zu üben, müssen entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden. Dafür ist die Beantwortung folgender Fragen hilfreich:

  • Wie, wann und von wem wird ein Basiswissen der gewaltfreien Konfliktbearbeitung vermittelt?
  • Wie erfolgt der Umgang mit Konflikten?
  • Welche Absprachen und Verfahren gibt es bei Regelverstößen?
  • Existieren schul- und klassenbezogene Regeln und Vereinbarungen zum Umgang miteinander?
  • Wie wird prosoziales Verhalten gefördert und gewürdigt?

Das Handlungsfeld Partizipation und Verantwortungsübernahme

... setzt ebenfalls auf der individuellen Ebene der SchülerInnen an. Dabei stehen Aspekte der Verantwortungsübernahme im Mittelpunkt:

  • Aufgaben übernehmen
  • sich für andere einsetzen, solidarisch sein
  • Vereinbarungen einhalten
  • für sich selbst Ziele setzen
  • vereinbarte Regeln einhalten
  • Fehler und Konsequenzen erkennen
  • Hilfe annehmen.

Darüber hinaus wird das Schulleben insgesamt in den Blick genommen und die Möglichkeiten der Mitwirkung, der Mitentscheidung und der Mitbestimmung zielgerichtet weiterentwickelt.

Soziales Lernen wird nach vorne geholt

Die vorangegangenen Ausführungen sollten eines deutlich machen: Soziales Lernen ist nicht im pädagogischen Nebenbei abzuhandeln und isolierte Einzelmaßnahmen führen nicht zum Erfolg. Eine Kennenlernwoche am Anfang der 7. Klasse oder ein Streitschlichterprojekt alleine werden nicht die erhoffte Wirkung erzielen. Es geht darum, Menschen aufzurichten, sie in ihrer Autonomie zu unterstützen, Mitbestimmung und gemeinsame Verantwortung zu leben. Für die Schulpraxis bedeutet das: Psychosoziale Inhalte werden mit Hilfe verschiedener Methoden aufgegriffen. Gruppenprozesse werden analysiert und gestaltet. Die Per sönlichkeitsbildung und Teamentwicklung werden gefördert, Konflikte werden konstruktiv bearbeitet.

Die Entwicklung eines schulinternen Curriculums scheint auf den ersten Blick eine hohe Hürde bei der Einführung des Sozialen Lernens zu sein. Aber die Erfahrung zeigt, dass eine solch zielgerichtet Herangehensweise erfolgreich(er) ist. Noch einmal Ruth Mitschka: „Das ‚Totschlagargument’ vieler Lehrer – besonders in den höheren Schulen: ‚Leider keine Zeit!’ Nun: Wer ernten will muss auch säen und gießen und geduldig sein.“

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Arbeitsvorlagen

In vier Schritten zum "Sozialen Lehrplan" öffnen
Beispiel für einen "Sozialen Lehrplan! öffnen

 

Quelle: Forum GanzGut der Serviceagentur Brandenburg und kobra.net

 

Von: Elke Klein

Datum: 29.09.2009
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