Bewegte Ganztagsschule

Bewegte Ganztagsschule

Dass Gesundheit eine Schulaufgabe ist, scheint inzwischen fast unumstritten zu sein. Heutige Schultage sind nicht selten Tage ohne Sport. Volle Lehrpläne fördern vor allem kognitive Lerntätigkeiten. Es fehlt an Ausgleich. Die Frage, welche schädlichen Auswirkungen das System Schule selbst verursacht, indem zum Beispiel Kinder zu stundenlangem Sitzen gezwungen werden oder indem gegen den Biorhythmus und andere physiologische Gesetze systematisch verstoßen wird, steht jedoch nicht mehr am Rand der Diskussion über Qualität der Ganztagsschule.

Bewegung ist ein zentrales Lebensbedürfnis von Kindern vor der Pubertät. Bis zum Jugendalter ist das Bedürfnis nach Bewegung allerdings nicht mit „Sport treiben“ im Sinn der Erwachsenen gleichzusetzen. Kinder rennen, hüpfen, springen, kriechen, balancieren, klettern, wo immer sie können. In unterschiedlichsten Varianten werden Geschicklichkeit und Gelenkigkeit ausprobiert und geübt. Die Kinder wollen herausfinden, was man mit dem Körper erreichen kann, wo die Grenzen des Möglichen liegen.
„Bewegungsaktivitäten sind ein wichtiges Gestaltungselement von Ganztagsschulen.“
Ralf Laging, Lehrstuhlinhaber an der Philipps-Universität Marburg, Institut für Sportwissenschaft und Motologie stellt ausgewählte Ergebnisse aus der quantitativen Untersuchung im Projekt Studie zur Entwicklung von Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztags- schule (StuBSS) vor. informieren
 
Wenn Kinder sich aus eigenem Antrieb bewegen, erwerben sie auch Eigenschaften, die für ihre spätere berufliche Kompetenz eine wichtige Rolle spielen, zum Beispiel Willensstärke, Durchsetzungsfähigkeit, Ausdauer und Widerstandsfähigkeit.
 
Mit relativ wenig Aufwand kann deutlich mehr Bewegung in den Schulalltag gebracht werden, wenn ein paar Grundsätze befolgt werden:
  • Kinder müssen sich nicht umziehen, um sich zu bewegen, sondern können ihre Alltagskleidung anbehalten.
  • Damit sich Kinder bei der Bewegung entfalten können, brauchen sie weniger Anleitung, dafür aber mehr Platz und Zeit für eigenständige Aktivitäten. Wenn Unterrichtszeiten zugunsten von Bewegungspausen verkürzt werden, verbessert sich der Lerneffekt. So kann beispielsweise nach 20 Minuten „Zuhören“ oder „Stillarbeit“ eine kurze Bewegungsphase im Klassenraum eingelegt werden oder man verkürzt die üblichen 45 Minuten einer Unterrichtsstunde auf 40 Minuten (bzw. legt zwei Unterrichtsstunden in 70- bis 80-Minuten-Einheiten zusammen). Die gewonnene Zeit wird dann über den Tag verteilt den Bewegungspausen zugeschlagen.
  • Vor Beginn des Unterrichts am Morgen kann eine kurze Bewegungsphase eingeführt werden, zum Beispiel leichtes Joggen.
  • Schülerinnen und Schüler sollten gelegentlich dazu angehalten werden, sich während des Unterrichts hinzustellen und ihre Sitzposition zu ändern, etwa indem die Stuhllehne nach vorn gedreht wird.
  • Unruhigen Kindern sollten während des Unterrichts bei Bedarf kurze individuelle „Sause-Pausen“ auf dem Schulhof zugestanden werden.
Einfache Ideen für mehr Bewegung
Darüber hinaus ist es sinnvoll, Bewegungsanreize in der Schule einzurichten, unter anderem durch
  • bewegliches und Bewegung zulassendes Mobiliar
  • didaktische Konzepte („Lernen durch Bewegung“)
  • Lernen in Projekten, bei denen Kinder und Jugendliche nicht an ein Klassenzimmer gebunden sind
  • die Ausgabe von Spiel- und Sportgeräten in den Pausen
  • Wiederentdecken und Vermitteln alterstypischer Bewegungsspiele
  • Bewegungs-AGs, die über die üblichen Sportarten hinausgehen, etwa Tanz, Akrobatik, Ringen
  • eine bewegungsfördernde Klassenzimmer-, Schulgebäude- und Schulhofgestaltung
  • Einführung einer „Bannmeile“: Kinder werden dann von ihren Eltern nicht mehr mit dem Auto bis vor das Schulhaus gebracht, sondern sie laufen ab einer festgelegten Entfernung die letzte Strecke bis zur Schule allein.

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04.08.2015
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