Vorträge auf dem Ganztagsschulkongress 2006
Der Ganztagsschulkongress wird neben den Arbeits- und Regionalforen von einer Vortragsreihe begleit. Das Programm zu diesen Vorträgen entnehmen sie bitte ihren Tagungsmappen.
Freitag, 22. September 2006
Bedingungen des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen - Prof. Dr. Hans Bertram
Familiensoziologe und Professor für Mikrosoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, war u. a. von 2003 bis 2005 Vorsitzender der Siebten Familienberichtskommission des Deutschen Bundestages, Mitglied der Kommission „Familie und demographischer Wandel“ der Robert-Bosch-Stiftung und 2004 Vorsitzender des Familienbeirats der Brandenburger Landesregierung. Seit 2005 ist er Mitglied der Enquete-Kommission des Sächsischen Landtages „Demographische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensbereiche der Menschen im Freistaat Sachsen sowie ihrer Folgen für die politischen Handlungsfelder“
Bewegung, Spiel und Sport in Ganztagsschulen: Bedeutung für Lernen, Erziehung und Entwicklung - Prof. Dr. Ralf Laging
Erziehungswissenschaftler und Sportpädagoge, seit 1994 Professor für Sport- und Bewegungspädagogik, zunächst in Magdeburg und seit 2001 an der Philipps-Universität Marburg, von 2000 bis 2004 Vorsitzender der Kommission Sportpädagogik in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE). Von 1997 bis 2004 Mitherausgeber der Zeitschrift Sportpädagogik im Friedrich-Verlag, gründete 1986 in Kassel den Verein Bewegen-Spielen-Lernen.
In der Ganztagsschule muss auch die Bedeutung von Körper und Bewegung im Schulalltag neu bestimmt werden. Lernen und Leben brauchen Zeit und Raum für ganztägig integrierte Bewegungsaktivitäten und Kooperationen mit dem Sport. Der Vortrag stellt das Potenzial des Sich-Bewegens und die Möglichkeiten der Umsetzung dar.
Film „Zeit für mehr - Schulen auf dem Weg zur Ganztagsschule“ - mmpro. film- und medienproduktion
Das junge Filmteam - Mark Poepping, Roman Schikorsky, Mako Antonissen und Ronny Kretschmer – produziert seit vielen Jahren Spiel- und Dokumentarfilme, darunter. 2005 um "Gemeinsame Gestaltung von Lern- und Lebenswelten" im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Jugendhilfe (AGJ) und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
"Zeit für mehr" heißt der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Film, der Lust auf Ganztagsschulen machen soll und dabei die Probleme nicht verschweigt, die gelöst werden müssen, wenn sich Schulen auf dem Weg zur Ganztagsschule machen.. Derzeit laufen die Dreharbeiten in sechs Bundesländern.
Kulturelle Bildung in der Ganztagsschule: Schnittmengen und Synergien - Prof. Dr. Wolfgang Zacharias
Kunsterzieher mit einigen Jahren Schulpraxis, dann im Rahmen der Initiative „Pädagogische Aktion München“ und im Kontext der neuen sozialkulturellen Bewegungen der 1970er Jahre tätig im Bereich der kommunalen Kinder- und Jugendkulturarbeit: Kultur- und Spielpädagogik, Museums- und Medienpädagogik – mit Akzenten des „Ästhetischen Lernens“. Er ist im Auftrag der Stadt München seit vielen Jahren befasst mit Praxis und Didaktik kulturpädagogischer Projekte sowie kommunaler Netzwerke für Kultur und Bildung im Kontext Jugend-, Kultur-, Schulpolitik, aktuell mit dem Schwerpunkt „Kultur und Schule“ bzw. „Ganztagsbildung und kommunale Bildungslandschaften“
Im Mittelpunkt des Vortrags steht das Konzept einer kommunalen Kooperationsagentur Jugend/ Kultur/ Schule am Beispiel der Münchner Netzwerkpraxis.
Schulen können es allein nicht schaffen:
“Integrated Community Schools” – das neue Partnerschaftsprogramm im schottischen Schulsystem Ms. Isobel McGregor
“Integrated Community Schools” bringen Fachleute aus allen Bereichen zusammen, um den individuellen Bedürfnissen des Kindes zu entsprechen. Dienste (Bildung, Sozialarbeit, Gesundheitsdienst usw.) müssen kooperieren, statt isoliert zu arbeiten, um maximale positive Einflüsse auf die Lebenschancen aller Kinder zu haben. Bis Ende 2007 sollen alle Schulen in Schottland “integrierte Schulen” sein. Der Vortrag berichtet über die Fortschritte des Projekts sowie über Probleme, die sich zeigen.
Film „Baustelle Ganztagsschule – Raum für mehr!“
Hoffmann & Woischnig Film
Oliver Hoffmann und Delf Woischnig sind seit vielen Jahren als erfahrene Schul- und Schülerfilmer tätig (z. B. "Lernen mit Zukunft – Bildung für eine nachhaltige Entwicklung" (im Auftrag der Bund-Länder-Kommission). Hoffmann & Woischnig Film ist ein Netzwerk von Filmemachern, Medienwissenschaftlern, Autoren, Kameraleuten, Grafikern und Cuttern.
Der im Rahmen des BLK-Programms „Lernen für den GanzTag“ produzierte Film zeigt Bausteine zur Gestaltung von Ganztagsschulen in farbenfrohen Bildern. Im Mittelpunkt stehen die Bereiche Lernräume, Freiflächen, Mensa und Funktionsräume. Der Film wird für die Fortbildung schulischen und außerschulischen Personals in Ganztagsschulen zur Verfügung stehen.
Samstag, 23. September 2006
Kommune und Ganztagsschule in Österreich
Mag. Dr. Susanne Brandsteidl
Seit 2001 amtsführende Stadtschulratspräsidentin für Wien und verantwortlich für über 220.000 SchülerInnen und 23.000 LehrerInnen im Dienste der Stadt Wien. Die promovierte Sprachwissenschaftlerin und Pädagogin war seit 1986 als Lehrerin für Deutsch und Geschichte und Leiterin eines Tagesschulheims an einem Gymnasium sowie ab 1994 als Referatsleiterin für allgemein pädagogische und schulwissenschaftliche Angelegenheiten der allgemein bildenden höheren Schulen im Wiener Stadtschulrat tätig.
Bildungspolitik ist Gesellschaftspolitik. Schule hat die traditionelle Rolle, lediglich für die kognitiven Lerninhalte verantwortlich zu zeichnen, längst verlassen. Es zeigt sich: Ganztagsschule ist mit einem umfassenden pädagogischen Prinzip verbunden und stellt hohe Ansprüche an die Akteure. Aber – die Mühe lohnt sich für die Kinder, für die Eltern, für die PädagogInnen, aber auch für die Gesellschaft. Ganztagsschule darf nicht als Behelfswerkzeug für die Anforderungen des Arbeitsmarktes missverstanden werden. Ganztagsschule kann nicht auf die Funktion einer Betreuungsstätte für arbeitende Mütter reduziert werden. Derzeit besuchen lediglich 7,2 Prozent aller österreichischen Schüler unter 14 Jahren eine ganztägige Form. In Wien hingegen sind es mehr als 27 Prozent. Während einige Schulpolitiker in Österreich darauf setzen, die Tagesbetreuung als unverbindliche Zugabe an den Vormittagsunterricht einrichten zu wollen, zeigt das Wiener Schulmodell, dass es auch um Anderes geht: um ein ganzheitliches Konzept, das die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder in den Mittelpunkt von Pädagogik stellt.
Schule und Sozialarbeit in Frankreich. Das Netzwerk RASED M. Eric Pateyron
Direktor der „École Honoré de Balzac“ in Nanterre bei Paris. In seiner Grundschule, die sich in einem sozial schwachen Bezirk befindet, lernen 365 Schülerinnen und Schüler, überwiegend Kinder mit Migrationshintergrund.
Dieselbe Grundausbildung für alle Kinder bis 16 Jahren verlangt wirksame Zusammenarbeit und Partnerschaften. Nur gemeinsam können wir das Leben in der Schule organisieren, damit sich die Kinder sich wohl fühlen und lernen. In der Schule kooperieren die Lehrer, um die Schüler zu motivieren und Schwierigkeiten zu lösen. In der Schule helfen eine Psychologin (ehemalige Lehrerin) und zwei spezialisierte Lehrer den Schülern oder beraten die Lehrer (RASED = Réseau d'Aides Spécialisées aux Elèves, das ist ein Netzwerk der Zusammenarbeit von Schule und externen Fachkräften). Wir arbeiten auch mit einer Sozialarbeiterin, einer Ärztin und einer Krankenschwester zusammen. Partner in Kultur und Sport oder Kinderschutzdienste ebenso wichtig für die bessere Entwicklung der Kinder dieses armen Viertels und für die Wirksamkeit der Schule. Wir entwickeln auch viele Projekte mit den Eltern, die aus der ganzen Welt kommen und die sich für den Erfolg der Kinder einsetzen. Jeder Tag ist eine Herausforderung, und es gelingt, wenn wir uns bemühen, zusammenzuarbeiten, ohne eine Minute zu verlieren. Unser Schulprojekt am normalerweise schulfreien Mittwoch fand eine große Nachfrage bei den Schülern. Lernen macht Spaß!
Die "Brede School" in den Niederlanden- Rob Schouten
Schulleiter einer Hauptschule in Rotterdam in einem sozialen Brennpunkt mit 100 Prozent Migrantenkindern im Alter von 12 bis 18 aus etwa 40 Nationalitäten. Seit 1996 ist er bei der niederländischen Schulinspektion „Inspectie van het Onderwijs“ für Sekundarschulen zuständig.
Seit 1995 gibt es in Rotterdam die "brede school" (breite Schule), die im Gegensatz zur "normalen" Schule über den Fachunterricht hinaus Aktivitäten für die Schülerinnen und Schüler organisiert.. "Breite" Schule heißt sie, weil sie sich "breit verbunden" hat mitKooperationspartnern im Stadtviertel, die dieselbe Zielgruppe haben (Jugendhilfe, Kunstprojekte, Sportklubs). Rotterdam ist eine Großstadt mit 600.000 Einwohnern mit vielen Problemen (z. B. Sicherheitsproblematik, Migration), aber auch eine Stadt, die aktiv nach Lösungen ihrer Probleme sucht. Rotterdam hat bereits 116 Primar- und 54 Sekundarschulen, die sich "breite" Schule nennen. Die Zahl wächst rapide.
Die Ganztagschulen in Südtirol und ihr Bildungsangebot - Anna Maria Corradi
Viele Jahre Lehrerin in Pflichtschulen in Südtirol. Später, als Inspektorin im italienischen Schulamt in Bozen, hat sie sich eingehender mit Theorie und Praxis auseinandergesetzt und als Bezugsperson des Unterrichtsministeriums in Rom die Schulversuche betreut.
In den 1970er Jahren haben verschiedene Schulen der Unterstufe die Schulzeit verlängert und ergänzende Tätigkeiten angeboten. Später ist das Thema Ganztagschule aus finanziellen Gründen vernachlässigt worden und erst Ende der 1990er Jahre, durch die Autonomie der Schulen in Südtirol, hat es wieder Aufwind bekommen. Die Schule wird nicht nur als Bildungsanstalt, sondern auch als Lebensraum wahrgenommen. die Vereinbarung mit außerschulischen Partnern ermöglicht positive Angebote.